Montag, 9. Februar 2009

Lesestöffchen

Ein wenig habe ich in letzter Zeit noch gelesen. Zunächst einmal natürlich meinen Lieblingsautor, Arnaldur Indridason. Von ihm hatte ich zwei Bücher zu Weihnachten bekommen. Als erstes "Frostnacht".

Klappentext: Ein offenbar kaltblütig ausgeführter Mord lässt den Menschen in Island das Blut in den Adern gefrieren - mehr noch als die eisigen Stürme, die in diesem ungewöhnlich kalten Winter über die Insel im Nordatlantik hinwegfegen: Ein kleiner Junge isländisch-thailändischer Abstammung wird erstochen aufgefunden. Im eigenen Blut am Boden festgefroren. Wie kann es zu einem derart grausamen Mord kommen? Wer bringt so etwas fertig? Die Ermittlungen von Erlendur, Sigurður Óli und Elinborg von der Kripo Reykjavík konzentrieren sich zunächst auf das direkte Umfeld des Kindes: die Lehrer, die Mitschüler und die Angehörigen. Je mehr sie dabei in Erfahrung bringen, desto tragischer erscheint der Tod des kleinen Jungen. Kommissar Erlendur Sveinsson ermittelt in seinem siebten Fall, der ihm auch aus persönlichen Gründen schwer zu schaffen macht ... "
Ein letztendlich sehr trauriger Fall, weil die Auflösung so unspektakulär und frustrierend ist.

Das zweite Buch war "Todeshauch".
Inhaltsangabe: In einer Baugrube am Stadtrand von Reykjavík werden menschliche Knochen gefunden. Wer ist der Tote, der hier verscharrt wurde? Wurde er lebendig begraben? Erlendur und seine Kollegen von der Kripo Reykjavík werden mit grausamen Details konfrontiert. Stück für Stück rollen sie Ereignisse aus der Vergangenheit auf und bringen Licht in eine menschliche Tragödie, die bis in die Gegenwart hineinreicht. Während Erlendur mit Schrecknissen früherer Zeiten beschäftigt ist, kämpft seine Tochter Eva Lind auf der Intensivstation um ihr Leben ...
Auch hier wieder packend geschrieben, auch wenn es "nur" um alltägliche häusliche Gewalt geht, die leider sicher in mehr Familien vorkommt, als man sich so denkt.


Ein weiteres Buch, mal von jemand anderem geschrieben, war von Pierre Frei "Onkel Toms Hütte, Berlin".
Darum geht´s:
Berlin im Jahr 1945. Die Alliierten teilen die Stadt unter sich auf, in der der fünfzehnjährige Ben aufwächst, nahe der U-Bahn-Station »Onkel Toms Hütte« in einem von den Amerikanern besetzten Viertel. Als er gerade im Bahnhof »Onkel Toms Hütte« zwischen den Gleisen Zigarettenkippen sammelt, stolpert er über eine Leiche - eine junge Frau, die brutal misshandelt und erwürgt wurde. Inspektor Dietrich, der mit dem Fall betraut wird, stellt bald fest, dass er nach einem Serientäter fahnden muss, denn in kurzer Folge werden drei weitere Opfer aufgefunden, alle weiblich, blond und blauäugig. Es zeigt sich, dass diese Frauen - eine UfA-Schauspielerin, eine Psychiatriekrankenschwester, eine Prostituierte und eine junge Adelige im Auswärtigen Amt - die Kriegsjahre mit viel Mut, Leidensfähigkeit und Willenskraft überstanden hatten und dennoch kurz nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs elend zu Tode kamen. Pierre Frei schildert die Lebenswege dieser couragierten Frauen und macht die Gefühlswelt der Zeit, die Sehnsüchte und Gewissenskonflikte erfahrbar. Ein ebenso authentischer wie elegant erzählter Roman, der von der ersten Seite an fesselt und bewegt.

Dieses Buch habe ich hintereinander weggelesen. Die eigentliche Mordgeschichte nimmt nur einen kleinen Teil des Buches ein. Viel interessanter und bewegender sind die Schicksale der Frauen, von denen erzählt wird. Es zeigt, wie Menschen und ihre Lebenswege vom Nationalsozialismus geprägt und beeinflusst wurden, auch wenn sie eigentlich völlig unpolitisch waren. Alle vorgestellten Frauengestalten sind starke Frauen, die sich unter widrigsten Umständen behaupten. Für mich als der Nachkriegsgeneration zugehörig überhaupt nicht mehr nachvollziehbar, aber sehr interessant sind auch die Schilderungen des Alltags, den die Menschen nach Kriegsende meistern mussten. Da werden Rezepte beschrieben, bei denen geschickte Hausfrauen aus fast nichts eine Mahlzeit für die Familie bastelten oder auch, dass der ermittelnde Kommissar das meiste mit dem Fahrrad erledigen muss, weil das einzige Polizeiauto entweder erst befeuert werden muss oder gleich ganz kaputt ist.
Für mich natürlich besonders interessant ist der Schauplatz, denn in Berlin Zehlendorf bin ich zur Schule gegangen (auch meine alte Schule wird beschrieben) und ich kenne Onkel-Toms-Hütte mitsamt der Ladenstraße. Da die ganze Siedlung unter Denkmalschutz steht, sieht es eigentlich auch noch genau so aus wie im Buch beschrieben.
Die gleiche Gegend wird übrigens auch noch in einem ganz anderen Buch beschrieben. Im Buch "Pellkartoffeln und Popcorn" von Evelyn Sanders beschreibt die Autorin autobiografisch ihre Kindheit und Jugend im Kriegs- und Nachkriegsberlin in der Onkel-Tom-Siedlung. Evelyn Sanders schreibt normalerweise humorvolle Bücher und so ist auch dieses recht humorvoll, wenn auch manchmal nachdenklich geschrieben.

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